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Hass auf Facebook

Eine jüngste Entscheidung des Landgerichts Berlin öffnet Hasskommentaren im Internet Tür und Tor und bedarf dringender Revision.


Beschimpfungen auf Facebook

Vergangene Woche scheiterte eine Klage der „Grünen“-Politikerin Renate Künast vor dem Landgericht (LG) Berlin. Sie hatte von Facebook Auskunft über die Daten verschiedener Facebook-Nutzer verlangt, die sie mit diversen Beschimpfungen überschüttet hatten. Der Affäre liegt ein Beitrag der WELT aus dem Jahr 2015 über einen Zwischenruf im Parlament von Künast aus dem Jahr 1986 zugrunde. Der Artikel wurde von einem rechtsextremen Aktivisten aufgegriffen und auf Facebook geteilt.

Die Kommentare anderer Nutzer lassen einem dann aber die Haare im Nacken zu Berge stehen. Als „Drecks-Fotze“ wird die Politikerin bezeichnet, als „Stück Scheisse“ und „Pädophilen-Trulla“. Weiter heißt es, sie sei „als Kind wohl ein wenig viel gefickt“ worden. Künast klagte gegen auf Auskunft der Benutzerdaten, um rechtliche Schritte einleiten zu können.


Beleidigung oder zulässige Meinung?

Facebook ist nach dem Telemediengesetz aber nur dann zur Herausgabe der Daten verpflichtet, wenn dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung der Ehre aufgrund rechtswidriger Inhalte (z.B. durch Beleidigung / üble Nachrede) erforderlich ist. Für die rechtliche Beurteilung, ob die Aussagen Beleidigungen im strafrechtlichen Sinne sind, muss eine zweistufige Prüfung erfolgen.

Zuerst muss entschieden werden, ob es sich bei den Äußerungen um „Meinungen“ oder „Tatsachenbehauptungen“ handelt, wobei hier ohne weiteres ersteres zu bejahen ist. Im zweiten Schritt muss entschieden werden, ob die Kommentare anhand objektiver Maßstäbe als beleidigend einzustufen sind. Dabei wird im Medienstrafrecht überspitzte Sachkritik milder bewertet als reine Erniedrigung ohne jeden Zusammenhang – sogenannte „Schmähkritik“.


Sachlicher Zusammenhang

In ihrem Beschluss gelangen die Richter erstaunlicherweise zu dem Ergebnis, dass die Kommentare allesamt von der Meinungsäußerungsfreiheit geschützt und daher nicht rechtswidrig seien. Es handele sich um Reaktionen mit Sachzusammenhang, die zwar zum Teil polemisch und überspitzt seien. Künast habe dies aber mit ihrem Zwischenruf zu einem erheblich sensiblen gesellschaftlichen Thema provoziert. Zurecht erntet die Entscheidung harsche Kritik.

Tatsächlich übersehen nämlich die Richter, dass auch bei einer Provokation durch das Opfer irgendwann ein Filter eingreifen muss. Sie kann überspitzte Auseinandersetzungen rechtfertigen – aber nur bis zu einem gewissen Grad. Wo bei der Bezeichnung „Drecks-Fotze“ der sachliche Zusammenhang zur Diskussion um Pädophilie gegeben ist, erschließt sich indessen nicht. Bleibt zu hoffen, dass die von Künast angekündigten Rechtsmittel Erfolg haben werden.

Weitere Informationen zum Thema Medienstrafrecht erhalten Sie auch unter: www.rosepartner.de/medienstrafrecht-internetstrafrecht.html

Erstellt am 24.09.2019 von

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