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Teil 1: Arbeitsstopp wegen verzögerter Abschlagszahlungen?

Abschlagsrechnung nicht fristgerecht bezahlt: Auftragnehmer darf Arbeit einstellen!

Zahlt der Auftraggeber eine fällige Abschlagszahlung des Auftragnehmers nicht und stellt dieser daraufhin seine Leistungen vorübergehend ein, steht dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Ersatz des dadurch entstandenen Verzögerungsschadens zu.
(OLG Köln, Urteil v. 07.06.2016 - 22 U 45/12)

Problem/Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Frage, ob ein Baugrubenverbau nach der tatsächlichen Einbindetiefe oder aber der Sichtfläche abzurechnen ist.

Der öffentliche Auftraggeber (AG) kürzt den Massenvordersatz in der Abschlagsrechnung des Auftragnehmers (AN), in der dieser den Verbau mit der kompletten Einbindetiefe abgerechnet hat, auf die bloße Sichtfläche des Verbaus.

Nachdem sich die Parteien über die zutreffende Art der Abrechnung nicht haben einigen können, stellt der AN vorläufig die Arbeiten ein. In der Schlussrechnung macht der AN neben der streitigen Verbauposition auch einen Behinderungsnachtrag geltend, in welchem er die Kosten des zeitweiligen Baustopps infolge seiner Arbeitseinstellung geltend macht.

Der AG kürzt die Schlussrechnung u. a. um diesen Nachtrag. Das Landgericht hält die Arbeitseinstellung für unberechtigt und weist die Klage insoweit unter Berufung auf § 18 Abs. 5 VOB/B ab. Der AN legt Berufung ein.

Entscheidung
Mit Erfolg! Das OLG folgt dem Landgericht nicht und hebt das Urteil insoweit auf. Der AN war zur Arbeitseinstellung nach § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B bis zur Zahlung durch den AG berechtigt.

Der AN hat seine strittigen Leistungen bereits erbracht und sich zu Einigungsgesprächen bereitgefunden, ist seiner Kooperationspflicht hinreichend nachgekommen und ist deshalb nach Treu und Glauben zur Leistungseinstellung berechtigt.

Daran hindert ihn auch § 18 Abs. 5 VOB/B nicht, denn diese Regelung soll lediglich sicherstellen, dass Meinungsverschiedenheiten der Vertragsparteien über Vertragsinhalt und Bauausführung das Bauvorhaben selbst nicht gefährden, sondern einer gesonderten Auseinandersetzung vorbehalten bleiben.

Damit wird dem AN das ihm zustehende Leistungsverweigerungsrecht nach § 16 Abs. 5 Nr. 4 VOB/B bei Zahlungsverzug oder anderen gesetzlichen Vorschriften nicht abgeschnitten.

Dies gilt auch bei einem öffentlichen Auftraggeber, obwohl bei diesem kein Insolvenzrisiko besteht. Der AN ist nicht verpflichtet, in erheblichem Maße in Vorleistung zu gehen.

Im Übrigen liegt das Risiko einer unberechtigten Arbeitseinstellung beim AN: Ist seine Auffassung unrichtig, ist der AG zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.

Erstellt am 20.07.2017 von

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